Berlinale 2017 – Generation

Diese drei Filme aus dem Generationenprogramm hat mein Freund Henning gesehen und von ihm sind hier auch die Texte.

 

Estiu 1993 – Summer 1993

Die kleine Frida verliert mit ihrer Mutter ihr zu Hause. Ihre Tante nimmt sie behutsam und liebevoll auf. Dennoch braucht es Zeit, sie verkapselt ihren Schmerz, sehnt sich nach ihrer Heimat und ihrer Mutter. Der Film beobachtet sie dabei, wie schwer es ihr fällt, ihr neues Zuhause anzunehmen. Die Familie ist für sie da schützt und hegt sie, kann ihren Weg aber nicht abkürzen. Am Ende des Sommers beginnt sie sich in der Sicherheit des neuen Zuhauses ihrem Schmerz und ihrer Trauer zu öffnen. Das Besondere dieses Filmes ist für mich, die Meisterleistung der Regisseurin, den Film schauspielerisch fast komplett auf den beiden Kinderdarstellern (4 und 6) aufzubauen. Die erwachsenen Rollen treten zurück, sind gut und berührend gespielt, aber dennoch mangels Tiefe bestenfalls ein dramaturgischer Kitt, der die Geschichte etwas zusammenhält. Die Familie wirkt organisch, die beiden Mädchen schauspielern nicht, ich sehe ihnen zu. So einfühlsam die Regie den Kindern Raum gibt so spannungslos bleibt aber auch die offenbar autobiografische Geschichte. Keine Bögen führen mich durch die Handlung, sie geschieht vor sich hin, am Ende verlasse ich erschöpft das Kino und bin nur wenig bezaubert.

 

As duas Irenes – Zweimal Irene

Irene ertappt Ihren Vater dabei untreu zu sein. Dabei ist ihre Familie doch intakt. Sie selbst auf der Suche nach dem eigenen Ich und ihrem Platz im Erwachsenwerden freundet sich mit ihrer Halbschwester, Irene, und ihrer Mutter an. Sie findet in ihr ihr anderes Ich, und damit einen Teil ihrer selbst, den sie erahnt hat aber der in ihrer Familie nicht zur Geltung kam. Ich frage mich: geht es ihr da ähnlich wie ihrem Vater? Schön gespielt von den beiden Hauptdarstellerinnen und gut inszeniert ist dies ein berührendes und lebensbejahendes Plädoyer für ein Leben mit dem ganzen eigenen Ich.

 

Piata lod – Das fünfte Schiff

Nach wahren Begebenheiten und inspiriert von Geschichten über Kinder die sich um andere Kinder kümmern müssen, stützt sich diese Geschichte stark auf seine Romanvorlage. Jarka wird von ihrer Mutter, die selbst fast noch ein Kind ist vergessen und alleingelassen. Als die kranke Großmutter stirbt verliert sie das letzte Stück Wärme, das ihre Mutter nicht bekam und ihr nicht geben konnte. Beim Versuch der Mutter zu folgen, fallen zwei Babys aus ähnlich verwahrlosten und hoffnungslosen Umständen in ihre Hände und sie beschließt, sie zu behalten. Unaufdringlich bringt mich die Handkamera ganz nah an ihren entschlossenen, warmherzigen und doch kindlich naiven Versuch, gemeinsam mit Kristian dem Spielkameraden diese Kinder zu beschützen und einfach nur zu versorgen. Kristian ist physisch und emotional ähnlich allein gelassen wie sie und beide flüchten aus ihrer tristen Einsamkeit mehr aus Pragmatik und wie im Spiel in das Gartenhaus der verstorbenen Großmutter. Eine berührende, unsentimentale Geschichte über Kindheit, die verloren ist schon in der Generation der Eltern und über die große Kraft von Herzlichkeit und Güte und eben die übermächtige kindliche Phantasie und Gutherzigkeit.

Veröffentlicht in Film

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